Nepal - Khumbu-Trekking
Wer nur Bilder sehen will, guckt hier

Vorgeschichte

Jeder, der sich für die Berge begeistert, träumt irgendwann einmal davon, die (bzw. den!) höchsten aller Gipfel mit eigenen Augen zu sehen. Lange Zeit war dies für mich kein Traum, sondern schlicht Illusion, so wie es Illusion war, in die andere Hälfte meiner langjährigen Heimat Berlin zu reisen.
Aber nachdem nicht nur ganz Berlin und ganz Deutschland bereist waren, sondern auch die ersten Gipfel in den Alpen erklommen waren (und die Begeisterung für diese Eisriesen immer noch nicht nachgelassen hat), rückte Stück für Stück auch der ferne Himalaya immer näher. Und da es in den letzten Jahren eine gewisse Tradition geworden war, meinen Geburtstag im September auf einem mehr oder minder hohen Gipfel zu begehen, reifte der Gedanke in mir, daß es zu einem besonderen Geburtstag (50) vielleicht auch ein besonderer Gipfel sein könnte. Zu meiner Überraschung war meine Familie von diesem Gedanken nicht so schockiert, wie ich es vermutet hätte. Im Gegenteil, meine Frau Simone redete mir zu, diese Idee zügig in die Tat umzusetzen. Und so begann ich im Herbst 2005 mit den ersten Recherchen über mögliche Ziele, Bedingungen, Schwierigkeiten, Höhepunkte, Veranstalter, Reisebüros usw. usf. Im Januar 2006 habe ich dann bei einem renommierten Dresdener Fern-Reisebüro die Tour "Solo Khumbu Trekking: Kala Pattar - Everest Base Camp - Island Peak" mit Frühbucherrabatt geordert.

Die Tour selbst ist mit all ihren Stationen und Höhepunkten in zahlreichen Prospekten verschiedener Anbieter ausreichend beschrieben. Ich möchte mich deshalb hier auf die Darstellung der Dinge und Umstände konzentrieren, die ich vor dem Treck so nirgendwo beschrieben gefunden habe, die mich jedoch brennend interessiert hätten.

An- und Abreise

Die Flüge von Deutschland nach Nepal führen ind der Regel über eines der Arabischen Emirate, in meinem Fall Quatar. Der Abschnitt bis Doha dauert ca. 6,5 h und wird mit komfortablem Fluggerät und hervorragendem Service bedient. Ein dicker Schmöker zur Überbrückung der schlaflosen Phasen ist sehr hilfreich. Der Weiterflug nach Kathmandu dauert ca. 4,5 h und ist leider nicht mehr ganz so komfortabel, aber immer noch erträglich. Lufthansa und Quatar Airlines arbeiten oft mit Shared-Code Flügen, beim Einchecken die Miles-and-more-Karte durchziehen lassen!! Wird bis KTM angerechnet!

Über den Aufenthalt in Kathmandu nur so viel: Für den Neuling ist Orientierung relativ schwierig, Stadtpläne sind wenig hilfreich, da viele Straßen keinen Namen haben. Am besten auf die Reiseleitung vertrauen.
Aufmerksamkeit ist bei der Ankunft und der Gepäckverladung auf die vom Veranstalter bereitgestellten Busse gefordert. Unter die vielen (tatsächlich) helfenden Hände mischen sich diverse Trittbrettfahrer und nutzen die Unerfahrenheit der Neuankömmlinge, um sich unverdientes Trinkgeld einzufordern.

Der Weiterflug von Kathmandu nach Lukla ist nicht nur ein Erlebnis, was die Organisation und Abwicklung von Inlandsflügen in Entwicklungsländern betrifft, sondern auch, insbesondere beim Landeanflug, absolut spektakulär. Unbedingt versuchen, möglichst weit vorn und links zu sitzen, die Cockpit-Tür bleibt i.d.R. offen! Der Anblick beim Anflug auf Lukla ist atemberaubend!

Die Unterkünfte: LODGES

Vor meiner Nepal-Tour hatte ich keinen blassen Schimmer, was man sich unter einer Lodge vorzustellen hat. Da sie jedoch der Dreh- und Angelpunkt der Touren sind, möchte ich doch etwas näher bei dieser Kategorie von Schlafstätten verweilen.
Aufbau und Funktionsweise dieser, wie Prospekte es nennen, "landestypischen Unterkünfte" ist immer gleich. Sozialer Mittelpunkt (für Touristen) ist der Aufenthalts- und Speiseraum. Er ist mit umlaufenden Sitzbänken, einer Art Tischen sowie dem einzigen Ofen der zu Heizzwecken dient, ausgestattet. Hier halten sich die Gäste auf, wenn sie nicht gleich in den Schlafsack krabbeln, oft auch die Träger, die sich jedoch auf den unvermeidlichen Plastikstühlen um den Ofen gruppieren, und hier wird das Essen gereicht. Geheizt wird zwischen 17 und 20 h, und zwar mit Holz, sofern verfügbar, ansonsten mit getrocknetem Jackdung, was einen sehr charachteristischen Hustenreiz verursacht. In der Nacht wird dieser Raum von ranghöheren Sherpas als Schlafraum benutzt. Mit zunehmender Höhe werden die Gemeinschaftsräume kleiner, was Heizkosten spart, aber die logistischen Schwierigkeiten beim Servieren des Abendbrotes potenziert.

Die Schlafräume sind (landestypisch!) sehr einfach und vor allem einheitlich aufgebaut (erleichtert beim täglichen Wechsel der Unterkünfte die Orientierung): Links eine Holzliege mit Schaumgummiauflage + Decke und Kopfkissen, rechts eine Holzliege mit Schaumgummiauflage + Decke und Kopfkissen, in der Mitte ein Zwischenraum. Das wars. Nach einigen Tagen hat man sich daran gewöhnt.

Während die Außenwände der Lodges aus solidem Granit gebaut sind, besteht der Innenausbau zu 99% aus Holz. Die Trennwände zwischen den Schlafräumen sind Sperrholz, die Fußböden Dielen o.ä. Dies hat zur Folge, das man aus dem Nachbarzimmer jedes (also wirklich JEDES) Geräusch hört. Und jeder Trekker, der auf seinen Reiseleiter hört (trinken, trinken, trinken! Von wegen der Höhenakklimatisation) muß nachts zwei mal "raus". Und alle Türen in den Lodges klemmen und/oder quietschen. Zur Beruhigung sei angemerkt, daß sowohl der Sexualtrieb als auch der Alkoholdurst mit zunehmender Höhe exponentiell nachlassen. Und in der Regel kommt zwischen 19 und 20 h das nepalesische Trekker-Sandmännchen. Auf unserer Tour haben spätestens um 21 h alle in ihren Tüten gelegen.

Die Außenwände der Lodges halten, in Verbindung mit den Einfach-Fenstern, die Temperatur in den Schlafräumen ca. 5-8 Grad über der Außentemperatur. Das ist in der Gegend um Lukla noch ganz komfortabel, aber in 5000 m Höhe sind es nachts um die -10°C, es kann also schon mal klappern in der Sigg-Flasche. Ein dementsprechend ausgelegter Schlafsack ist also unabdingbar.

Die Küche ist der Bereich, in den man als Gast meist wenig Einblick hat, schon aus Lichtmangel. Hier halten sich die Familie der Lodge-Besitzer und oft auch die Träger auf. Gekocht wird mit Kerosin, was man leider manchmal auch schmeckt ...
A pro pos Licht: Die meisten Lodges verfügen inzwischen über eine kleine Solaranlage, mit deren Hilfe der Aufenthaltsraum und (meistens) auch die Schlafräume beleuchtet werden. Steckdosen gibt es nach Namche Bazar keine mehr, in manchen Lodges kann man gegen Entgelt seine Akkus aufladen.

HYGIENE/Wasser: Man ist in den Trekkinggebieten sichtlich bemüht, die sanitären Verhältnisse zu verbessern. Das Grundproblem ist jedoch die Wasserversorgung. Sie erfolgt in der Regel über Wasserschläuche, die aus Gebirgsbächen o.ä. herangeführt werden. Nur versagen diese bei Temperaturen unter 0°C ihren Dienst, so daß man am Morgen auf herangetragenes Wasser angewiesen ist. Auch auf "hohen" Lodges gibt es mitunter "Hot Shower", welche mit Gas und einem Plastikkanister auf dem Dach funktioniert. Grundsätzlich ist man gut beraten, wenn man sich ab 4000 m seelisch darauf einstellt, auf Körperpflege weitestgehend zu verzichten. Feuchte Tücher (aus dem dm-Markt) helfen über die größte Not. Toilettenpapier ist überall verfügbar bzw. zu erwerben, wird jedoch aus verständlichen Gründen auf eine für unseren Kulturkreis ungewohnte Art und Weise entsorgt.

Essen und Trinken

Eine große Überraschung stellten die den Lodges ausliegenden Speisekarten dar. Sie umfassen ein reichhaltiges und abwechslungsreiches Angebot an Speisen und Getränken. Allerdings stellt man nach 4-5 Tagen fest, daß viele Dinge irgendwie "gleich" schmecken, was sich durch die begrenzte Auswahl an Zutaten erklärt. Zudem handelt es sich, mit Ausnahme des Yak-Steaks (was meistens ein Hack-Steak ist), fast ausschließlich um vegetarische Kost sowie Eier in allen denkbaren Varianten. Brot fehlt völlig! Man kann sich das Leben jedoch durch die bis in die letzte Lodge verfügbaren Mars-, Snickers- oder Bounty-Riegel etwas versüßen. Auch alkoholische Getränke sind in vielen Varianten verfügbar. Die Preise dafür steigen natürlich mit jedem Höhenmeter, welchen sie dort hinauf getragen wurden. Das Mitführen einer Fleich-, Wurst- oder Fischkonserve kann manchmal über moralische Tiefpunkte hinweghelfen (nicht vor Lobuche öffnen!)

Das Wetter

Der täglich Verlauf des Wetters war während unserer Tour (12.10.-02.11.) sehr ähnlich. Bis gegen 13.00 h war an allen Tagen strahlend blauer Himmel, so, wie man es von allen Fotos her kennt. Danach zogen aus dem Tal Wolken heran, begleitet von auffrischendem Wind. Mal waren es nur harmlose und eher dekorative Haufenwolken, mitunter verdichteten sie sich jedoch auch zu einer geschlossenen Wolkendecke, und an zwei Tagen haben wir am Nachmittag einen richtigen Schneesturm erlebt.
Die Temperaturen sinken nach Sonnenuntergang (ca. 17.30 h) sehr schnell ab, je nach Höhe zwischen +5 und -15 °C. Mit den ersten Sonnenstrahlen steigen sie jedoch auch genau so schnell wieder auf 25 °C (Lukla) bis 10 °C (Gorak Shep). Die Bergtouren (Kala Pattar, Island Peak) werden deshalb sehr früh gestartet, um wirklich in den Genuss der gerühmten Aussicht zu kommen. Für diese Etappen ist wirklich(!) warme Kleidung erforderlich.

Träger/Sherpas

Es sollte zwar inzwischen zur Allgemeinbildung gehören, aber trotzdem zur Sicherheit: Sherpa ist nicht das nepalesische Wort für Träger. Die Sherpa sind der Volksstamm, der das Khumbu-Gebiet bewohnt. Es ist nur eine von vielen ethnischen Gruppen in Nepal. Und nicht alle Träger, von denen Trekker auf ihren Touren "bedient" werden, sind Sherpas.

Die Träger und Sherpas, die wir auf unserer Tour kennengelernt haben, waren durchweg sehr liebenswerte und fröhliche Menschen. Es ist unglaublich zuzusehen, wie junge Burschen von 16-17 Jahren sich das Gepäck von 3 Touri's aufladen, damit doppelt so schnell (bergauf) gehen wie diese und dabei noch singen oder miteinander schwatzen wie die Elstern. Auch die Inhaber/Betreiber der Lodges sind nicht nur geschäftstüchtig, sondern auch darauf bedacht, ihren Gästen alle möglichen Wünsche zu erfüllen.

Fitness/Gesundheit

Von den Veranstaltern wird dieser Treck in der Regel als mittelschwere Tour deklariert. Ich muß ehrlich zugeben, daß ich sie für mich persönlich eher als schwer empfunden habe, und zwar bedingt durch die Kombination/Überlagerung verschiedener Aspekte. Die Etappen sind zwar nicht übermäßig lang, die angegebenen Gehzeiten von 4-7 h täglich entsprechen in etwa der Realität, aber z.B. die zurückgelegten Höhenmeter betragen ein Mehrfaches der Differenz von Start- und Zielort. Dazu kommt, daß vor allem die Steilheit der Wege nicht auf die Kondition von Touristen, sondern die von einheimischen Trägern ausgerichtet ist. Die Anstiege nach Namche Bazar und Tengboche (mit jew. ca. 600 Hm) sind der absolute Hammer! In Kombination mit Unterkunft, Verpflegung und Höhe kann das schnell zu einem moralischen "Hänger" werden. Zum Trost: Auf dem Rückweg wird alles besser!

Während unserer Tour hat sich gezeigt, daß sich auch kleine gesundheitliche Zipperlein mit zunehmender Höhe schnell zu einem ernsten Problem auswachsen können. Die trockene und kalte Luft ist dem Abklingen von Atemwegs-/Schleimhautreizungen nicht zuträglich, und bei Kreislauf- oder Durchblutungsstörungen aller Art ist von diesen Höhen dringend abzuraten! Daß vor der Höhenkrankheit niemand gefeit ist, mußte ein (sehr erfahrener) Teilnehmer einer Nachbar-Reisegruppe schmerzlich erfahren, als er mit dem Heli ausgeflogen wurde.
Der Aufstieg zum Kala Pattar führt über grobes Blockwerk und ist bei Trockenheit/Schneefreiheit sicher kein Problem, aber bei glitschigem Untergrund kann das steile Gelände recht unfallträchtig sein, was ich am eigenen Leibe erfahren mußte. Den Aufstieg zum Island Peak (den ich nur aus Erzählungen und Bildern kenne, wegen Schnee am Kala Pattar) sollte man wirklich nur in Angriff nehmen, wenn man bis dorthin ohne Blessuren oder sonstige gesundheitliche Beeinträchtigungen gekommen ist und wenn man über einige Erfahrungen am Berg verfügt. Vor allem aber ist Kondition gefragt, wir sprechen über 1000 Hm. Auch ansonsten sollte man nicht zart besaitet sein, die Zeltunterkünfte im Basislager sind schon recht spartanisch.

Ausrüstung

Im Prinzip ist den Ausrüstungslisten der Veranstalter nichts hinzuzufügen. Ernst sollte man auf alle Fälle die Hinweise auf warme Kleidung nehmen. Wie viel Unterwäsche man mitnimmt, ist eine Frage der Leidensfähigkeit. Im Prinzip kann man unterwegs das eine oder andere Teil waschen, jedoch kann sich das Trocknen etwas hinziehen ...

Ein Wort noch zu den Wanderschuhen. Ich bin mit einem Modell ins "Rennen" gegangen, welches sich in den Alpen über 2 Jahre bewährt hat, jedoch über eine relativ weiche Sohle verfügt. Ich wollte "wegen der paar Meter am Island Peak" nicht in einen wirklich steigeisenfesten Schuh investieren. Auch wenn ich nicht am Island Peak war, habe ich es schlußendlich bereut. Zum einen, weil mein Ausrutscher am Kala Pattar mit einem entsprechend festen Schuh möglicherweise nicht die fatalen Konsequenzen gehabt hätte (und ich zum I.P. hätte mitgehen können). Zum anderen, weil man nach tagelangem(!) Gehen über steinigen Untergrund (und die Wege zum Everest sind ALLE steinig) so ganz langsam eine harte Sohle an den Schuhen zu vermissen beginnt.

Die Yetis ...

... behaupten übrigens, es gäbe keinen Reinhold Messner ;-))

Hier noch zwei Video-Impressionen von dieser Tour: