La Reunion: Vulkan-Trekking
Wer nur Bilder sehen will, guckt hier


Die Tour

Das Projekt "La Reunion-Trekking" geisterte schon geraume Zeit in meinem Kopf herum. Es sollte die letzte "große" Tour werden, denn allmählich spüre ich die Last der Jahre (Jahrgang 57) in diversen Körperteilen. Leider kam die Reise in 2014 bei meinem bevorzugten Veranstalter mangels Teilnehmer nicht zustande. Und auch für das Frühjahr 2015 deutete sich ein ähnliches Problem an. Da die Konkurrenz aus München für den Herbst 2015 bereits gesicherte Durchführung versprach, habe ich kurzentschossen hier gebucht.
Die Anreise mit Airfrance von Frankfurt über Paris (mit Flughafenwechsel) nahm fast 24 h in Anspruch und ist wirklich anstrengend. Zehn Stunden Flug sind nicht jedermanns Sache. Ab 2016 soll die Airline gewechselt werden (Air Austral), so dass der lästige und zeitintensive Flughafenwechsel in Paris entfällt.
Nach der Ankunft am nächsten Morgen in St. Denise wurden wir von unserer Reiseleiterin Nadine (zu ihr später mehr) begrüßt. Das Gepäck wird im Tour-Bus verstaut (Achtung: Fotoapparat herausnehmen nicht vergessen!) und es geht zu einer kurzen Fahrt durch die Hauptstadt der Insel. Man bekommt Gelegenheit zu einem Spaziergang durch einen nett angelegten Stadtpark und zu einem kleinen Frühstück. Danach steht der erste Sight-Seeing-Punkt auf dem Programm: Ein Hindu-Tempel. Er ist charakteristisch für die gelassen-multikulturelle Kreol-Gesellschaft der Insel, die zu 86 % christlich ist. Ungläubige ("unreine") dürfen den Tempel nicht betreten, aber er ist auch von außen sehr fotogen.

Vom Tempel geht es sofort weiter zur nächsten Sehenswürdigkeit. Eine der größten Vanille-Plantagen der Insel, betrieben von den Nachfahren deutscher Einwanderer. Nach ausführlichen Erläuterungen zur Anzucht der Pflanzen und Herstellung der eigentlichen Schoten bekommt natürlich Gelegenheit zum Einkauf. Diese sollte man wirklich nutzen, denn die Preise sind deutlich günstiger als anderswo. Und ein schönes Souvenir ist echte Bourbon-Vanille allemal.

Nach einem Stop zum Mittagessen geht die Fahrt ins Landesinnere. Ziel des ersten Tages ist das Örtchen Hell-Bourg im Salazie-Kessel. Auf dem Weg dorthin gibt es einige Foto-Stops an sehr schönen (vor allem hohen) Wasserfällen. Warum dieses Dorf seit 1999 zu den schönsten Dörfern Frankreichs gehört, wird wohl auf immer das Geheimnis der Juroren bleiben ...

Das Hotel am Zielort bietet normalen Standard, inclusive W-Lan. Im Ort kann man sich noch einmal mit Vorräten für die folgenden Tage versorgen. Tipp: Ein oder zwei Dosen Pate für das Frühstück mitnehmen!

Am nächsten Tag beginnt die eigentliche Trekking-Tour. Der Bus bringt uns an einen Pass zwischen Salazie- und Mafate-Kessel auf etwa 1670 m. Von dort führt die erste Etappe hauptsächlich bergab. Die Vegetation ist beeindruckend tropisch, eine solche Vielfalt fremder Pflanzen habe ich noch nirgendwo gesehen. Baumfarne, Callas-Blumen, Rittersporn, Riesenbambus, alles Pflanzen, die man nur aus botanischen Gärten kennt. Mittagsrast machen wir an einer Brücke über einen Gebirgsbach, der einigen Mutigen die Gelegenheit zu einem kleinen Bad bietet. Hier beweist sich zum ersten mal die Erfahrung und Weitsicht unserer Führering Nadine, die aus ihrem Harry-Potter-Rucksack einen Gaskocher, Becher und Instant-Kaffe hervor holt, so dass wir zu unseren Müsli-Riegeln bzw. Baguettes auch noch eine gepflegte Tasse Kaffe trinken können! Von hier sind es noch ca. 2 1/2 Stunden bis zum heutigen Tagesziel in Grand Place, der Gite Coeur de Mafate. Die Hütte ist malerisch auf einem Plateau über dem Ort gelegen und bietet nicht nur eine zauberhafte Aussicht, sondern auch eine vergleichsweise komfortable Unterkunft. Drei Doppelstockbetten pro Bungalow mit Dusche und WC, das ganze relativ geräumig, bewegt sich oberen Bereich des Spektrums.

Der nächste Tag sollte dann deutlich anspruchsvoller werden, was die physischen Anforderungen betrifft. Nach einem einstündigen Abstieg hinunter zu einer Flussbrücke folgte ein brutaler Anstieg über ?? Höhenmeter, der mich rasch an meine körperlichen Grenzen brachte. Da die Gruppe insgesamt sehr stark war (es waren vier Marathonisti in unseren Reihen) und ein hohes Tempo anschlug hatte bei dem Versuch, das Tempo mitzugehen, innerhalb einer Stunde meine Körner verbraucht. Hitze, pralle Sonne und ein viel zu schwer gepackter Rucksack taten ihr Übriges. Nadine war so besorgt um mich, dass sie begann, die schwersten Utensilien aus meinem Rucksack in den ihrigen umzuladen. Und nur dank ihrer Geduld und Motivation gelangte ich bis zum ersten Tastplatz des Tages, wo mir ein zuckerhaltiges Limo-Getränk und ein paar Kalorien wieder zu Kräften verhalfen. Von dort aus ging es für den Rest des Tages nur noch ein paar Meter auf und ab, bevor wir das Tagesziel, Roche Plate, erreichten. Die dortige Unterkunft war deutlich bescheidener als am Tag vorher. Vier D-Betten in einem engen Raum, zwei Duschen und ein WC für alle 24 Gäste. Dazu kam, dass wir zum Essen noch mal zehn Minuten gehen mussten. Im Hellen kein Problem, aber abends mit einigen Dodo's intus und im Licht der Stirnlampe schon eher.

Der dritte Tag begann so wie der Zweite - mit einem ordentlichen Anstieg. Durch Schmerzen belehrt, ging ich konsequent mein Tempo, und nicht das der Marathonläufer. So konnte ich mich auch wieder an der Landschaft und der Natur erfreuen. Die Mittagspause wurde heute an einem sehr spektakulären Wasserfall eingelegt, der Cascade de Trois Roches. Ein Gebirgsfluss hat sich hier tief in den Felsen gegraben und ein eindrucksvolles Naturschauspiel geschaffen. Hier haben wir uns fast zwei Stunden Pause gegönnt, bevor wir das Tagesziel in Angriff nahmen. Dabei mussten an einigen Stellen ausnahmsweise die Hände zu Hilfe genommen werden. Ansonsten waren die Wege alle in einem sehr wanderfreundlichen Zustand. Der Weiler Marla liegt auf einem Plateau in 1600 m Höhe. Bei unserer Ankunft befanden wir uns dort bereits in den Wolken, aus denen es auf den letzten Metern ein wenig begann zu regnen. Die Hütte in Marla gehörte zu den Besseren. Zwei Räume à zwei D-Betten mit Dusche/WC in einem Bungalow und akzeptablem Platzangebot waren OK.

Der nächste Abschnitt führte uns am Morgen über den Taibit-Pass in den Cilaos-Kessel und die gleichnamige Stadt. Die Etappe war im Prospekt mit vier Stunden angegeben, die ich (wie immer als Letzter eine halbe Stunde nach den anderen) genau benötigt habe ... In Cilaos gab es dann eine Hotel-Übernachtung. Welcher Luxus im Vergleich zu den Hütten! In der Stadt gibt es eine Art Hauptstrasse, auf der sich die meisten Geschäfte, Kioske, Restaurants der Stadt befinden. Hier kann man gut nach Souveniren Ausschau halten und Leckerli für die nächsten Wanderetappen bunkern.

In Cilaos trennte sich der Wege der Gruppe für zwei Tage von meinigem. Ich hatte mit Nadine organisiert, dass ich noch eine Nacht im Hotel in Cilaos blieb, wärend die Gruppe programmgemäß den Piton de Neiges in Angriff nahm. Ich nutzte den Ruhetag für körperliche und mentale Erholung. Am nächsten Tag wurde ich (gegen Entrichtung einer nicht geringen Gebühr) von einem Shuttle-Dienst an das Ziel der heutigen Etappe gebracht, die Belouve-Hütte. Diese ist sehr malerisch am oberen Rand des Salazie-Kessels gelegen.
Ich nutzte die Zeit bis zur Ankunft der Gruppe zur Erkundung des tropischen Urwalds, der sich auf dieser Hochebene befindet. Selbst auf den gut präparierten Wanderwegen kommt man nur äusserst langsam voran, da man ständig über Wurzeln steigen oder unter umgefallen Bäumen durchkriechen muss. In diesem Wald entdeckte ich die ersten Orchideen. Gegen 15 h erreichten die Gipfelstürmer die Hütte, sichtlich ermüdet von der extrem langen Etappe (04.00 h Aufbruch, Gipfel zum Sonnenaufgang, danach Abstieg bis zur Belouve-Hütte). So toll die Lage der Hütte ist, so bescheiden ist die Unterkunft. Matratzenlager für zehn Personen unter der Dachschräge war angesagt. Eine Dusche gab es nur in kalt, das Platzangebot neben den Matratzen ist Null.

Am nächsten Morgen gab es nur eine "kleine" (ca. 3 h) Wanderung zum "Trou de Fer". Ohne Nennenswerte Höhenmeter oder andere Anstrengungen gelangten wir zu einem Aussichtspunkt, wie er spektakulärer nicht sein kann. Es handelt sich um einen nahezu kreisrundes Loch mit einem Durchmesser von etwa 500 m und der gleichen Tiefe. Von allen Seiten stürzen Wasserfälle in die scheinbar bodenlose Tiefe, eine schmale Schlucht leitet das Wasser ab. Das Naturschauspiel allein ist eine Sensation, getoppt wird es jedoch durch die Helikopter, die auf ihren Inselrundflügen zwei Runden durch diesen Kessel drehen, bevor sie sich wenige Meter über der Aussichtsplattform wieder verabschieden. Währen wir den morgendlichen Heli Lärm in Kesseln meist als nervig empfunden haben, wurde hier eines klar: ICH AUCH! Nadine machte es natürlich möglich :-) Zurück an der Belouve-Hütte wurden wir von unserem Tour-Bus abgeholt und verließen die drei Talkessel in Richtung der Vulkan-Hütte am Pieton de la Fournaise. Die Fahrt führte durch Landschaften, wie sie kontrastreicher nicht sein können. Von den tropischen Urwäldern des Landesinneren hinüber zur vegetationslosen Umgebung eines der aktivsten Vulkane der Welt. Nach der Aufteilung auf die Zimmer mit je drei D-Betten brachte uns der Bus zum späten Nachmittag noch bis zum Fuß eines Aussichtsberges (2400 m), von dem aus wir am Abend/in der Nacht die spektakulären Ausbrüche des Vulkans beobachten sollten.
Leider wurde uns dieses Spektakel nicht zuteil. Obwohl am Vorabend noch eine Lichtkuppel am Horizont von heftigen Aktivitäten kündete, blieb der Krater an diesem Abend nahezu dunkel. Ledigleich einige kleine rote Pünktchen kündeten aus der Ferne davon, dass sich ein Lavastrom (überwiegend unterirdisch) zu Tal ergoss. Gegen 22 Uhr brachen wir die Aktion ab und machten uns auf den Weg zur Hütte.

Am letzten Trekking-Tag führte der Weg zunächst bis an den Rand der inneren Caldera des Vulkans, von wo aus noch einmal ein gigantischer Rundblick möglich war. Von dort stiegen wir hinab und durchquerten eine Sand- und Stein-Wüste, um danach den Rand der äusseren Caldera zu erklimmen, immer wieder mit herrlichen Ausblicken. Ziel war ein kleiner Parkplatz an der Straße zur Vulkan-Hütte, von wo uns unserer Tour-Bus abholte. Auf dem Parkplatz bekamen wir einen kleinen Eindruck davon, welche Intensität Niederschläge auf La Reunion erreichen können (die Insel hält zahlreiche Regen-Rekorde). Die Nacht verbrachten wir in einem schönen Hotel der Ortschaft Tampon.

Der vorletzte Tag der Reise war eine Rundfahrt fast um die gesamte Insel. Sie startete im Osten in Sainte Rose und führte über die Kirche, die einen Lava-Strom gestoppt hat, einen sehenswerten botanischen Garten und das Cap Mechant im Süden bis an die einzige Badeküste im Westen der Insel, in die Nähe von St. Gilles. Dort mussten wir uns das erste und letzte mal selbst um das Abendessen kümmern, was mit 14 Personen nicht ganz trivial war ...

Am Tag der Abreise gab es dann den heiss ersehnten Höhepunkt: Den Heli-Rundflug. Leider verhinderten Wolken über dem Piton de la Fournaise die Durchführung der ursprünglich gebuchten"großen" Runde, aber auch die erlebten 35 Minuten waren mehr als spektakulär. Der Flug durch den Trou de Fer ließ echtes James-Bond-Feeling aufkommen. Einen kleinen Eindruck des Erlebten vermittelt das Video am Ende der Seite.

Den Rest des Tages verbrachten wir am Strand des Indischen Ozeans mit Reden, Baden und Dodo-Trinken, bevor uns gegen 17 h der Transfer-Bus zum Flughafen brachte.

Die Unterkünfte: Gites

Die Wanderhütten auf La Reunion erinnern an entsprechenden Unterkünfte in den Alpen. Es sind Zimmer, in denen drei bis sechs Doppelstockbetten plaziert sind, die Zahl der Duschen und Toiletten schwankt stark. Auf der Belouve-Hütte gab es nur Matratzen-Lager. Die Schlafstätten sind immer mit sauberer Wäsche ausgestattet, auch die sanitären Einrichtungen waren beim Eintreffen immer sauber. Das Platzangebot in den Zimmern/Lagern ist teilweise jedoch stark eingeschränkt.

Essen und Trinken

Sowohl in den Hotels als auch auf den Wanderhütten folgt die Verpflegung einem festen Schema: Zum Frühstück gibt es Baguette (je nach Abgeschiedenheit auch vom Vortag und aufgebacken), Butter, Marmelade und Kaffee (Tee) in ausreichender Menge. Anhänger herzhafter Nahrung sollten sich an den Tipp mit der Pate erinnern :-) Zum Mittag respektive Abend gibt es Carri (Curry). Soll heißen: Reis, eine Art Soße aus Linsen oder Erbsen, verschiedene Schüsseln mit Fleischzubereitungen (Schwein, Geflügel, manchmal auch Fisch) sowie meist recht scharfe Gewürzpasten. Kartoffeln, Pommes oder ähnliches gibt es nicht. Auf diese Art der Verpflegung wird in den Prospekten aller Veranstalter hingewiesen. Ich hatte keinerlei Probleme damit und fand die Hauptmahlzeiten durchaus abwechslungsreich, andere haben ein wenig gemäkelt ob der Eintönigkeit. Die gute Nachricht ist: Auf allen Hütten gibt es Bier in ausreichender Menge. Es gibt zwei einheimische Marken - Bourbon (genannt Dodo, wegen dem Vogel auf dem Etikett) und Fischer. Ausserdem wird auf allen Hütten zum Essen ein Aperitiv auf Rum-Basis ("Punsch", niedrigprozentig) sowie ein Absacker (hochprozentig) angeboten.

Das Wetter

Der täglich Verlauf des Wetters war während unserer Tour (16. bis 27.Oktober) sehr ähnlich. Bis gegen 11.00 h war an allen Tagen strahlend blauer Himmel, so, wie man es von allen Fotos her kennt. Danach zogen vom Meer Wolken heran. Die Temperaturen hängen stark von der Höhe ab in der man sich bewegt. Tagsüber kommt man immer mit einem dünnen T-Shirt aus, reichlich Sonnenschutz (Kopfbedeckung!) ist auf den Wanderetappen Pflicht. Nachts wird es in/auf den Bergen kalt, dann sind Fleece, Schal und Mütze sehr nützlich.